Streiflicht (SZ)

Im südwestfranzösischen Rochefort steht gerade die Hühnerstallbesitzerin Corinne Fesseau vor Gericht, wobei gleich mal tadelnd angemerkt werden muss, dass sich der eigentliche Übeltäter, der Hahn Maurice, um die Anhörung vor dem Richter feige herumgedrückt hat. Was dem Vogel zur Last gelegt wird, ist kein Kavaliersdelikt: Maurice macht sich einen Spaß daraus, frühmorgens zu krähen wie am Spieß und damit die Bewohner seiner Heimatinsel Oléron aus dem Schlaf zu reißen, allen voran ein in der Nachbarschaft wohnendes Rentnerehepaar, das sich das Landleben ruhiger vorgestellt hat. Es ist ja auch ein Elend: Jeden Morgen das schrille Kikeriki, wobei französische Gockel das letzte „i“ auch noch extra betonen und diesen Schlusslaut, anders als etwa die eher zackig krähenden Hähne im Berliner Raum, ohrenbetäubend in die Länge ziehen. In Anbetracht dessen war es für die Rentner unausweichlich, Maurice vor Gericht zu zerren, und nun fiebert ganz Frankreich dem Urteil entgegen: Muss er den Schnabel halten, kommt er in den Knast mit anschließender Resozialisierung in einem Trappistenkloster, oder holt man gleich die gute alte Guillotine aus dem Keller? Nur die Höchststrafe muss der Ruhestörer nicht fürchten: Die Auslieferung an die Zentrale von Kentucky Fried Chicken gilt wegen der angespannten französisch-amerikanischen Beziehungen als ausgeschlossen.

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