Milch ist aber nicht nur ein Industrieprodukt. Sie ist auch eine symbolische Ware und also eine Abstraktion. Zwar weiß man, dass Milch ein Körpersekret ist. „I’ve sucked the milk out of a thousand cows“, singt Bob Dylan in einem seiner späteren Lieder. Aber wer will so genau wissen, woher die Milch stammt? Wer will den Drüsen eines Säugetiers so nahe kommen, wer will sich mit den Fliegen beschäftigen, von denen vor allem die hinteren und unteren Partien einer Kuh umschwirrt werden? Und warum zeigt die Milchreklame zwar sehr viele Bilder von glücklichen Kühen, aber nur sehr wenige von Kälbern, den eigentlichen Empfängern des Sekrets? (Kleiner Hinweis: Kalbsleberwurst)…..
…….Die Milch mag ein Drüsensekret sein. Aber sie ist weißer als eine einzelne Wolke am Sommerhimmel. Sie trägt, worauf der Luzerner Historiker Mounir Badran in einer „Imaginationsgeschichte der Kuhmilch“ (erreichbar über das Internetportal cache.ch) verweist, die Farbe der reinen Unschuld. Die Farbe verbirgt, welchen chemischen Behandlungen die Milch ausgesetzt wird, um diesem Bild der Sauberkeit gerecht zu werden, angefangen bei den Hormonen, mit denen die Tiere aufgepäppelt werden, über die Insektizide, die das Ungeziefer fernhalten, bis zu den Weichmachern, die verwendet werden, um die Schläuche der Melkapparate elastisch zu halten. Milch ist eine Fantasie der Reinheit, in jeder Beziehung…….(SZ 04.02.)